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Der EuGH soll auf Vorlage des Bundesarbeitsgerichts klären, ob und unter welchen Voraussetzungen der Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub einer im Verlauf des Urlaubsjahres arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmerin bei seither ununterbrochen fortbestehender Arbeitsunfähigkeit 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres oder gegebenenfalls zu einem späteren Zeitpunkt verfallen kann. Die gleiche Frage stelle sich auch bei Eintritt der vollen Erwerbsminderung.
Das BAG ist der Ansicht, dass es für die Entscheidung, ob die Urlaubsansprüche der Kläger verfallen sind, auf die Auslegung von Unionsrecht ankommt. Deshalb hat es den EuGH um Klärung und Vorabentscheidung zu dieser Frage gebeten. Nach § 7 Abs. 3 BUrlG müsse Urlaub im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf die ersten drei Monate des folgenden Kalenderjahres sei nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigten. Diese Bestimmung hat das BAG bereits verschiedentlich unionsrechtskonform ausgelegt. Im Anschluss an die Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 06.11.2018 hatte das BAG erkannt, dass der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub grundsätzlich nur dann nach § 7 Abs. 3 BUrlG am Ende des Kalenderjahres oder eines zulässigen Übertragungszeitraums erlischt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert hat, seinen Urlaub rechtzeitig im Urlaubsjahr zu nehmen, und ihn darauf hingewiesen hat, dass dieser andernfalls verfallen kann, und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.
Verfall des gesetzlichen Urlaubsanspruches bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit nach 15-Monaten
Für den Fall, dass der Arbeitnehmer im Urlaubsjahr aus gesundheitlichen Gründen an seiner Arbeitsleistung gehindert war, sei § 7 Abs. 3 BUrlG gemäß der Entscheidung des EuGH vom 22.11.2011 außerdem dahin zu verstehen, dass gesetzliche Urlaubsansprüche bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit 15 Monate nach dem Ende des Urlaubsjahres erlöschen.
Gilt die 15-Monatsfrist auch bei fehlender Belehrung des Arbeitgebers?
Für die Entscheidung der Rechtstreite bedürfe es nunmehr einer Klärung der Frage durch den EuGH, ob das Unionsrecht den Verfall des Urlaubsanspruchs nach Ablauf dieser 15-Monatsfrist oder gegebenenfalls einer längeren Frist auch dann gestattet, wenn der Arbeitgeber im Urlaubsjahr seine Mitwirkungsobliegenheiten nicht erfüllt hat, obwohl der Arbeitnehmer den Urlaub bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit zumindest teilweise hätte nehmen können.
BAG, Urteil vom 07.07.2020 - Az.: 9 AZR 401/19; 9 AZR 245/9
Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass neben Arbeitnehmern auch Selbstständige, die ihr Einkommen vorwiegend von einem Arbeitgeber beziehen, einen Anspruch auf Informationen zum Verdienst ihrer Kollegen mit vergleichbaren Aufgaben haben. Das Auskunftsrecht besteht auch für arbeitnehmerähnlich Beschäftigte.
BAG, Urteil vom 26.06.2019 - Az.: 5 AZR 145/19
Die Kündigungen des bei der insolventen Fluggesellschaft Air Berlin angestellten Cockpit-Personals sind wegen fehlerhafter Massenentlassungsanzeige unwirksam. Dies hat das Bundesarbeitsgericht erneut klargestellt. Das Gericht wies darauf hin, dass die Massenentlassungsanzeige bei der Agentur für Arbeit zu erstatten sei, in deren Bezirk die Auswirkungen der Massenentlassung auftreten. Im entschiedenen Fall sei der maßgebliche Betriebsbegriff der Massenentlassungsrichtlinie verkannt und deswegen die Anzeige nicht für den richtigen Betrieb erstattet worden.
BAG, Urteil vom 27.02.2020 - Az.: 8 AZR 215/19
Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass
1. Ein Arbeitnehmer kann einen Aufhebungsvertrag, durch den das Arbeitsverhältnis beendet wird, auch dann nicht widerrufen, wenn er in der Privatwohnung abgeschlossen wurde.
2. Ein solcher Aufhebungsvertrag kann jedoch unwirksam sein, falls er unter Missachtung des Gebots fairen Verhandelns zustande gekommen ist.
BAG, Urteil vom 26.06.2019 - Az.: 5 AZR 452/18
Eine tarifvertragsersetzende Betriebsvereinbarung ist unwirksam, soweit sie bestimmt, dass Mitarbeiter, die im Rahmen vereinbarter Vertrauensarbeitszeit regelmäßig Mehrarbeit leisten, als Ausgleich hierfür pauschal eine näher bestimmte Anzahl freier Arbeitstage im Kalenderjahr erhalten. Diese Regelung bestimme die Voraussetzungen des Mehrarbeitsausgleichs nicht hinreichend klar und verletze zudem den betriebsverfassungsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz, so das Bundesarbeitsgericht.
BAG, Urteil vom 07.02.2019 - Az.: 6 AZR 75/18
Die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags ist nach § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG nicht zulässig, wenn zwischen dem Arbeitnehmer und der Arbeitgeberin bereits acht Jahre zuvor ein Arbeitsverhältnis von etwa eineinhalbjähriger Dauer bestanden hat, das eine vergleichbare Arbeitsaufgabe zum Gegenstand hatte.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 23.01.2019, Az. 7 AZR 733/16
Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts.
Andreas Babor, Fachanwalt für Arbeitsrecht zum Urteil des BAG:
"Mit dem Urteil korrigiert das Bundesarbeitsgericht seine bisherige Rechtsprechung aufgrund des Urteils des Bundesverfassungsgerichts vom Juni 2018. Das BVerfG entschied, dass eine sachgrundlose Befristung eines Arbeitsverhältnisses grundsätzlich nur möglich ist, wenn der Arbeitnehmer nicht bereits zuvor in einem Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitgeber gestanden hat. Die einschränkende 3-Jahres-Rechtsprechung des BAG ist verfassungswidrig."
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat mit seinen Urteilen Az.: C-619/16, C-684/16, Az:. C-569/16 und C-570/16 die Rechte von Arbeitnehmern gestärkt. Ein Verlust des Jahresurlaubs ist auch bei Nichtbeantragung nicht mehr so einfach möglich. Bei Ableben des Beschäftigten haben die Erben Anspruch auf einen finanziellen Ausgleich der verbleibenden Urlaubstage. Hintergrund der Entscheidungen waren vier Klagen aus Deutschland, die dem EuGH vom Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg vorgelegt wurden.
Urlaubsanspruch verfällt nicht automatisch
Der Europäische Gerichtshof entschied, dass Arbeitnehmer ihren Urlaubsanspruch nicht deshalb verlieren dürfen, weil sie diesen nicht beantragt haben. Hintergrund des Urteils war ein Rechtsreferendar, der einen finanziellen Ausgleich für seine nicht genommenen Urlaubstage vom Arbeitgeber verlangte. Dieser weigerte sich mit der Begründung, dass der Beschäftigte den Urlaub hätte nehmen können. Der Beschäftigte erklärte jedoch, dass ihm das Lernen für eine bevorstehende Prüfung wichtiger war, als in den Urlaub zu fahren. Dies sahen die Richter des EuGH ebenso und entschieden zugunsten des Arbeitnehmers. Somit besteht ein Anspruch auf finanziellen Ausgleich für den Jahresurlaub, wenn dieser vor Ende eines Beschäftigungsverhältnisses nicht genommen wurde.
Arbeitgeber ist in der Beweispflicht
Allerdings besteht nur ein Anspruch auf finanziellen Ausgleich, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über die Konsequenzen nicht aufgeklärt hat. Der Arbeitgeber ist in der Beweispflicht. Hat also der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht explizit darauf hingewiesen, dass sein Urlaubsanspruch bei Nichtbeantragung verfällt, so ist er zu einem finanziellen Ausgleich der Urlaubstage verpflichtet.
Erben haben Anspruch auf finanzielle Vergütung
In einem zweiten Gerichtsverfahren ging es um einen Arbeitnehmer, der verstorben war. Dieser hatte noch einen Anspruch auf bezahlten Jahresurlaub. Die Erben haben durch die Entscheidung des EuGH Anspruch auf eine finanzielle Vergütung der restlichen Urlaubstage.